Smartes Waldquartier Cambrai-Fritsch, Darmstadt

  • aufgabe:
  • Entwicklung und Neuordnung der Cambrai-Fritsch-Kaserne und Jefferson-Siedlung in Darmstadt zu einem neuen Stadtquartier für ca. 3.100 Einwohner
  • auftraggeber:
  • Stadt Darmstadt
  • verfahrensart:
  • eingeladener städtebaulicher und landschaftsplanerischer Realisierungswettbewerb 2017
  • arbeitsgemeinschaft:
  • netzwerkarchitekten mit club L94 (Landschaftsplanung)
  • größe:
  • 34 ha
  • mitarbeit:
  • Magnus Reich, Jan-Philipp Glock
  • visualisierungen:
  • club L94, netzwerkarchitekten
  • Mit der Umstrukturierung der Kasernenareale im Darmstädter Süden eröffnen sich für die Stadtentwicklung neue Chancen. Leitbild ist die Entwicklung eines neuen Stadtquartiers mit einer einzigartigen Identität und charakteristischen Atmosphäre. Kompakt, zukunftsweisend und sozial durchmischt: das smarte Waldquartier.

    Hier kann ein wertvoller Wohnstandort entstehen, bei dem viele der aktuell diskutierten Themen einer „Smart City“ umgesetzt werden. Unter diesem Begriff wird eine Vielzahl von Teilkompartimenten subsumiert, die erst in ihrer Bündelung zu einem umfassenden urbanen Nachhaltigkeits- und Strategiekonzept funktional und umsetzbar werden. Das vorhandene Areal bietet sich für diesen Ansatz in hervorragender Art und Weise an.
    Ziel war es eine flächensparende (und damit ressourcen-optimierte), robuste Stadtstruktur zu entwickeln. Auch erlaubt die Raumbildung eine weitere Einbindung bestehender Baustrukturen über den denkmalgeschützten Kasernenhof hinaus und trägt damit dazu bei, die historischen Spuren in dem neuen Stadtquartier zu verankern – es entstehen reizvolle Kombinationen von Alt und Neu. Die städtebauliche Konzeption kommt mit geringen Anpassungen der bestehenden Topografie aus. Durch die Kompaktheit der städtebaulichen Figur bleiben im Norden und Süden großzügige Frischluftschneisen erhalten.

    Durch die Verlängerung der Straßenbahnlinie 3 durch das Quartier hindurch bis zur Heidelberger Straße mit zwei neuen Haltestellen kann ein innovatives Mobilitätskonzept umgesetzt werden, so dass eine flächenhafte Verkehrsberuhigung im Quartier entsteht, die mit weiteren Maßnahmen wie Carsharing, Carpooling, Radsharing etc. konsequent weiter geführt werden kann. Zwei Erschließungs-Loops (Allee/ Ringstrassen) gewährleisten die Anbindung des MIV für den nördlichen und den südlichen Quartiersbaustein. Das vorgeschlagene Verkehrskonzept erlaubt es, die Gebäude auch direkt anzudienen. Jedoch wird das Parken im übergeordneten Quartiersgaragen organisiert. Ein neuer, durchgehender Radschnellweg verbindet Eberstadt über das neue Waldquartier mit Bessungen und dem Zentrum von Darmstadt.

    Es sollen intelligente Technologien der Energie Erzeugung, Energiespeicherung, Stromübertragung eingesetzt werden, so dass die gesamte Wertschöpfungskette von der Energieerzeugung über Energietransport bis zum Verbrauch erfasst wird. Das freiraumplanerische Konzept kann zusätzlich mit zwei weiteren Themen den ökologischen Fußabdruck des Areals positiv beeinflussen: zum einen soll ein Großteil der vorhandenen Großbäume erhalten bleiben. Neben dem atmosphärischen Mehrwert sind aber auch hier die ökologischen und stadtklimatischen Vorteile wie Staubfilter und Sauerstoffproduzent und Windbremser von Vorteil. Letzteres spielt im Zusammenhang mit den stärker werdenden Wetterereignissen eine große Rolle. Hier knüpft auch direkt der Ansatz zur „Sponge-City“ an. Die extremen Niederschläge der letzten Jahre zeigen, dass die bestehenden Kanalsysteme unserer Städte schon heute an ihre Grenzen stoßen. Ziel muss es sein die Oberflächenwässer in Mulden und Versickerungssysteme zu leiten, um sie hier vorzuhalten, zu säubern und zu verdunsten. Das neue Quartier soll hierzu innovative Konzepte im öffentlichen und privaten Raum vorhalten. Bepflanze Mulden, offene Rinnen können das Wohnumfeld der Quartiere maßgeblich verbessern.

    Das Herz des neuen Waldquartiers ist der denkmalgeschützte Kasernenhof. Dieser wird als hybrider Stadtplatz neben seinen urbanen Themen an den Rändern und der Haltestelle in der Mitte im Sinne seiner ursprünglichen Konzeption einen gartenartigen Aufenthaltsbereich erhalten. Der Bürgergarten soll zentraler Treffpunkt für alle Altersgruppen werden und ist dementsprechend mit Spielbereichen und Pflanzbeeten ausgestattet.

    Der umlaufende Garten und Wiesensaum bildet den Übergangsbereich in die angrenzenden Naturräume aus. Damit keine Restflächen zu den bestehenden Waldflächen entstehen werden diese Bereiche aufgeforstet und können auch als Ersatzpflanzungen berücksichtigt werden. Das umlaufende Gartenband impliziert sowohl wohnungsnahe Bereiche als auch Gemeinschaftsgärten. Wenn die Flächen wirtschaftlich betrieben werden, können auch Flächen für landwirtschaftliche Erträge im Sinne der Permakultur genutzt werden.

    Die vorgesehenen Baufelder werden mit dem Typus eines Wohnhofs strukturiert. Dadurch sollen die soziale Durchmischung gestärkt werden. Es können neue, sich stützende Nachbarschaften entstehen (Familienwohnen in Kombination mit Mehrgenerationenwohnen, Baugruppen, Wohngemeinschaften und Seniorenwohnen). Der Wohnhof selber dient dabei als wertvolle, soziale Kontaktstelle (Urban Gardening, Kinderspielen, Boule-Spielen unter Bäumen). Die Anbindung an den übergeordneten Straßenraum erfolgt durch etwas breitere Fugen und erlaubt es, beispielsweise den Einkauf mit dem KFZ bis vor die Tür zu bringen. Ansonsten bleiben die Wohnhöfe autofrei.

    Die zukünftigen Baufelder sind über großzügige Grünfugen mit dem umlaufenden Wiesensaum verknüpft. Sie sollen den Bewohnern als kommunikative Treffpunkte dienen. Sie sind neben Retentions- und Gartenflächen auch mit kleineren Sitz- und Spielobjekten ausgestattet.

    Die kleinen Plätze werden von Gebäuden mit öffentlichen Nutzungen geprägt, was ihren gemeinschaftlichen Charakter stärken wird. Sie ergänzen den öffentlichen Raum mit Flächen auf denen kleine Märkte oder andere kulturelle Veranstaltungen stattfinden können.

    Den inhaltlichen Abschluss der baulichen Maßnahmen im Siedlungsbereich der ehemaligen Kaserne soll der kleine Bau der alten Chapel bilden. Sie soll als Jugendtreff fungieren und kann wichtiger Infrastrukturbaustein für Gastronomie oder kleine Kulturveranstaltungen wie Konzerte, Poetryslam oder ähnliches sein. Die Flächen im Umfeld der Kapelle sollen als Abenteuerspielplatz, Bolzplatz und Flächen für Skating und Parkouring ausgebaut werden und sind entsprechend dieser Themen eher den älteren Kindern und Jugendlichen zugeordnet.